Gefahrgutverpackung – Die richtige Wahl
Veröffentlicht am 1. Juli 2019 von Jörg Baumann.
Die Beschaffung von Gefahrgutverpackungen und die Einhaltung aller gefahrgutrechtlichen Bestimmungen ist eine verantwortungsvolle Aufgabe.
Aus einer falschen Wahl der Verpackung können bei der Lagerung oder während des Transports teure Schäden und sogar rechtliche Konsequenzen entstehen. In solch einem Fall wird festgestellt werden müssen, wer letztendlich die Verpackung ausgewählt hat. Der Verpackungslieferant kann anhand der zur Verfügung gestellten Informationen nur Empfehlungen zur richtigen Verpackungswahl geben. Die rechtliche Verantwortung, die richtige Verpackung für die eigenen Gefahrstoffe einzukaufen, liegt beim Besteller. Deshalb kann etwas Basiswissen über Gefahrgutverpackungen nicht schaden.
Die Bauartprüfung
Eine normale Wellpappfaltkiste wird erst zur Gefahrgutverpackungen aufgrund einer Bauartprüfung, die dann während des Transports zu Lande, zu Wasser und in der Luft dem Gefahrgutstoff Schutz bietet. Wenn diese die Prüfungen zur Bauartzulassung besteht, wird das durch einen Aufdruck, der UN-Kennzeichnung, deutlich gemacht. Die UN-Kennzeichnung gibt Auskunft darüber, was die geprüfte Verpackung befördern darf. Es ist immer sinnvoll, zu prüfen, ob der zu versendende Gefahrstoff in der Gefahrgutverpackung überhaupt transportiert werden darf.
Um mithilfe dieser UN-Kennzeichnung prüfen zu können, ob sich das jeweilige Gefahrgut in der korrekten Verpackung befindet, muss man dessen Bedeutung kennen. Und das ist gar nicht so schwer, wenn man weiß, wie sich die Kombination aus Buchstaben und Ziffern zusammensetzt und was sie bedeuten.
UN und Verpackungscode
Die internationalen Vereinbarungen für den Transport gefährlicher Güter sehen vor, dass die Verpackung nach den UN-Standards geprüft wurde. Jeder Kennzeichnung einer Gefahrgutverpackung steht somit ein „UN“ – United Nations vorweg. Als nächstes wird die Zeichenfolge mit dem Verpackungscode fortgeführt. 4G bedeutet Kiste (4) aus Pappe (G). Andere Verpackungsarten tragen andere Verpackungscodes abhängig vom Typ, Art, und Werkstoff der jeweiligen Verpackung. Die jeweiligen Hersteller von Gefahrgutverpackungen wissen, welcher Verpackungscode verwendet werden sollte.
Verpackungsgruppe (VG)
Gefahrstoffe werden aufgrund ihres Gefahrengrades in eine der drei Verpackungsgruppen eingeordnet. Hier sollte ein erster Abgleich mit der UN-Kennzeichnung erfolgen. Das ist wichtig, da diese Verpackungsgruppe aufzeigt, in welcher Qualität bzw. Stabilität der Gefahrgutkarton ausgeführt sein muss und mit welcher Fallhöhe geprüft wird.
VG I = hohe Gefahr | Hier ist bei der Zulassung der Verpackung i.d.R. eine Fallhöhe von 1,8 m vorgeschrieben und wird in der UN-Kennzeichnung mit dem Buchstaben X gekennzeichnet. Je nach Inhalt und Gewicht des Gefahrstoffes wird eine hochwertige Wellpappqualität zum Einsatz kommen. |
VG II = mittlere Gefahr | Die Fallhöhe beträgt in der Verpackungsgruppe 1,2 m und wird in der UN-Kennzeichnung mit dem Buchstaben Y gekennzeichnet. Die Qualitäten liegen hier leicht über denen einer vergleichbaren Standardqualität. |
VG III = geringe Gefahr | Mit 0,80 m liegt diese Fallhöhe nur knapp über den der Fließbänder bei Paketdiensten. In der UN-Kennzeichnung wird diese Verpackungsgruppe mit dem Buchstaben Z angegeben. Meist reichen hier die Standardqualitäten aus. |
Gewicht
Das zu versendende Gefahrgut darf das angegebene Bruttogewicht der geprüften Verpackung nicht überschreiten. Denn mit diesem Gewicht werden die Fallprüfungen durchgeführt, die Stapelfähigkeit der Gefahrgutkartonage ermittelt und mit einer Stapelstauchprüfung die Stauchbelastung geprüft. Bei der Lagerung oder des Transports muss die unterste Kartonage im Stapel einiges aushalten können. Das geprüfte Bruttogewicht findet sich in der UN-Kennzeichnung gleich hinter der Verpackungsgruppe wieder, z.B.: Y8 = Verpackungsgruppe II bis 8 kg.
Stoffart
Wie ist der Gefahrstoff beschaffen? Auch das muss von außen sein. Fest (Solid = S), Flüssig (Liquid = L), Gas (G = Gas). Die Stoffart findet sich in der UN-Kennzeichnung nach dem Gewicht wieder. Beispiel: Y8/S. Bei flüssigen Stoffen wird der Prüfdruck in kPa angegeben, bei Gasen wird gar nichts angemerkt
Herstellungsjahr, Land, Zulassungsbehörde und -nummer, Code des Herstellers
Die letzten Zeichen geben Auskunft über das Herstellungsjahr der Verpackung, dem Land in der das UN-Zertifikat ausgestellt wurde, samt Zulassungsnummer. Zum Schluss ein Code, der Aufschluss über den Hersteller der Gefahrgutverpackung gibt. Als Beispiel 13/D/BAM 12059-ST.
Was ist noch zu beachten?
In der Zulassung wird die Art und Weise des Verschlusses mit Verschlussmitteln aufgeführt. Es ist deshalb wichtig, dass die Verpackung genauso verschlossen wird, wie geprüft wurde. Sollten weitere Verpackungsanweisungen vorliegen, sind diese unbedingt zu beachten. Wird eine Verpackung erst noch zugelassen, wäre es von Vorteil, dem Prüfinstitut oder Hersteller vor einer Prüfungszulassung, die bestehenden Verschlussmittelmöglichkeiten mitzuteilen, damit diese bei der Prüfung ggf. mit einbezogen werden. Sonst kann es passieren, dass zusätzlich spezielle Verschlussmittel angeschafft werden müssen.
Die UN-Kennzeichnung wird vom Hersteller für die zugelassene Gefahrgutverpackung aufgedruckt. Alles Weitere an Gefahrgutkennzeichnungen kann, nach entsprechenden Angaben des Bestellers, mit aufgedruckt werden, muss aber nicht. Die weitere spezifische Kennzeichnungspflicht liegt nicht in der Verantwortung der Wellpappenhersteller. Somit ist es hier wichtig, als Auftraggeber dem Hersteller genaue Vorgaben für die Bedruckung zu machen.
Wichtig ist, dass die UN-Kennzeichnung beim Verschluss der Verpackung nicht überklebt oder verdeckt wird. Selbst wenn der Druck mit transparentem Klebeband überklebt wird, könnte dieses Paket z.B. als Luftfrachtsendung im Flughafen stehen bleiben, da der Prüfer dies als „nicht deutlich sichtbar“ bewerten könnte. Ärgerlich, wenn dann z. B. dringend benötigte Ersatzteile im Ausland nicht ankommen.
Besondere Bestimmungen für Gefahrgüter der Klasse 9
In die Gefahrgutklasse 9 fallen alle Transportgüter, die keiner anderen Gefahrenklasse zugeordnet sind und trotzdem während der Beförderung eine Gefahr darstellen. Das umfasst chemische oder toxikologische Gefahren, hohe oder niedrige Beförderungstemperaturen, sowie physikalische Gefahren. Stoffe wie flüssiger Stickstoff, Trockeneis oder Asbest, und Gegenstände wie Lithiumbatterien und einige Airbagtypen gehören in diese Klasse 9 und müssen in Verpackungen transportiert werden, die eine UN-Zulassung haben.
Grundlage für die Beförderung von Gefahrgut-Verpackung für Transportgüter aus der Gefahrenklasse 9 ist der Abbrandtest – der 6c-Test. Bei diesem Test müssen alle Brandrückstände des Gefahrguts innerhalb eines Sicherheitsradius von 4 Metern verbleiben. Dieser Bereich schützt Feuerwehrleute, Rettungskräfte und mögliche Schaulustige, die das Spektakel eines brennenden LKWs verfolgen und nicht an Gefahren denken. Diese Prüfung wird nicht vom Hersteller für Gefahrgutverpackungen im Rahmen der Bauartprüfung durchgeführt. Der Nachweis muss durch den Absender der Gefahrstoffe erbracht werden. In Deutschland gibt es neben der BAM einige Dienstleister, die sich u.a. auf die aufwendige Bonfire-Prüfung, spezialisiert haben.
Diese Verpackungsprüfung im Feuer ist für Verpackungen mit explosiven Inhalt, wie z.B. Airbags die mit Gasgeneratoren, Anzündeeinheit und Festtreibstoff ausgestattet sind, eine extreme Herausforderung. Eine Verpackung aus Wellpappe allein reicht hier nicht aus, wenn Teile potentiell mehr als 4 Meter durch die Gegend fliegen könnten. Papier brennt wunderbar. Hierfür wurden deshalb Lösungen entwickelt, wie z.B. eine zusätzliche Innenverpackung in Form eines Drahtkäfigs, besser noch eine 4G-Verpackung mit innenliegendem Drahtgitter in der Wellpappe.
Beschaffung der Gefahrgutverpackung
Um eine qualifizierte Anfrage richtig zu formulieren, sollten – neben der Abmessung und der Menge – dem Lieferanten noch weitere Information vorliegen. Wie beschrieben ist die Verpackungsgruppe, das Gewicht und die Stoffart maßgeblich für die Qualität der Verpackung.
Wie hieß der römische Rechtsgrundsatz? – Unwissenheit schützt vor Strafe nicht. Daher ist es aus meiner Sicht wichtig, dass beim Versender von Gefahrgut das Wissen über die Bedeutung der UN-Kennzeichnung vorhanden ist, so kann man selbst mithelfen, Schäden und auch Strafen im Vorfeld entgegenzuwirken.